Mein Weg führte mich nach Fajera. Es ist so ein ursprünglicher und wilder Ort, dass es, wie ich ihn erlebte, keines gleichen in den Ossola Tälern gibt. Nur wenige Menschen wissen, dass er existiert und ganz wenige Reisende haben ihn entdeckt. Nicht weit von der Eisenbahn und der Autobahn entfernt existiert dieser recht kurze Weg, der zu Fuß teilweise doch recht ermüdend ist.
Fajera ist ein Ort in Ossola, steil und steinig, mit einem lichtem Wald, der sich im Tal von Nibbio, in Nieder Ossola, befindet.
Die naturhungrigen Wanderer, die durch das ermüdende tiefgelegeneTal gehen, um die Bocchetta Valfredda zu erreichen, beachten nicht die “Balmi” (eine Art von Grotte) von Fajera , weil sie nicht leicht zu erkennen sind, obwhol sie sich nur ein paar hundert Meter vom Fluß im Trockenen befinden.
Einige haben von Fajera gelesen. Die spärliche Literatur über die “Corni di Nibbio” (es sind diese Gebirge) beschreibt diesen außergewöhnlichen und unbewohnten Ort.
Hier zwischen den Felsen, einigen Eschen und schlanken Kastanienbäumen entstand eine Liebesgeschichte, die ein ganzes Leben dauerte. Eine Liebesgeschichte, die eine Legende geworden ist: Die Legende von der "Vegia dul Balm".
Am Anfang des Jahrhunderts lebte Angela Borghini von Anzola, eine sehr schöne Frau, sie galt als das schönste Mädchen weit und breit.
Es gab einen verheirateten Holzhauer, namens Michele, der einen Sohn hatte.
Die Legende sagt nicht wie, wann und warum, aber die Beiden, Michele und Angela verliebten sich ineinander.
Die Leute aus der Umgebung konnten diese uneheliche Liebe nicht akzeptieren.
So verließen die Verliebten ihren eigentlichen Wohnort, um in der unbewohnbaren Fajera zu leben: unter einem Balmo (=Grotte), nur mit einer Herde von Ziegen und sonst nichts. Für immer, d.h. Ihr Leben lang!
Als Michele starb, trug Angela seine Leiche in einem Tragekorb davon; dann völlig ermüdet lässt sie ihn liegen und steigt nach Cuzzago hinunter, um um Hilfe zu bitten.
Sie fragte sehr kurz den ersten Mann, dem sie begegnete: “Michele starb. Kommt ihr hoch um ihn abzuholen oder soll ich ihn dort begraben?” Einige Männer vom Dorf gingen hoch, um Michele's Leiche abzuholen. Sie wickelten ihn in ein Leinentuch und brachten diese herunter um sie zu begraben Angela blieb alleine, und lebte noch viele Jahren in ihrer Balma im Berg.
Während eines Winters, erzählt man, begrub eine Eislawine ihre Balma. Sie blieb noch viele Tage dort; irgendjemand hat ihre Ziegen gestohlen.
Im hohen Alter und von den Strapazen gekrümmt, kam sie im Jahr 1931 ins Dorf herunter und ist im Krankenhaus verstorben.
Das ist die Geschichte, wahrheitsgetreu und rau, wie die Felsen von Corni di Nibbio.
Ich ging nach Fajera, um die Lebensgeschichte der schönen Angela zu verfolgen, um zu erfahren wo sie lebte, und um zu verstehen, wie stark ihre Liebe war. Felice Ghirighelli von Cuzzago ist der Mann, der diese gemischte Gruppe (ein Journalist, ein Vagabund, ein außergewöhnlicher Fotograf, ein Kameramann, ein Bergsteiger, ein Wanderer mit einer 18 Jahre alten Tochter) führt, und alle zusammen ergründen und verfolgen diese Legende.
Diese Berge sind sein Reich. Er kennt jeden Stein und entdeckt alle Spuren, auch die die verborgen und für die meisten unsichtbar sind. Auch die Gebirge “Corni di Nibbio” haben ihre Bergsteiger, die Menschen, die über den bekannten Weg nach Lesino sprechen (aber wie viele gehen hinauf?).
(Paolo Crosa Lenz)